Ist Evolution vorhersagbar? Und wenn ja, was bedeutet das für den Menschen?

Die Allgegenwart konvergenter Evolution – das Phänomen, dass Arten unabhängig voneinander ähnliche Merkmale entwickeln – kann als Indiz dafür angesehen werden, dass Evolution durchaus vorhersagbar ist. Denn wenn es nur eine begrenzte Anzahl von Anpassungsmöglichkeiten an bestimmte Umweltbedingungen gibt, dann würde man erwarten, dass Arten, die in ähnlichen Umgebungen leben, die gleichen Anpassungen entwickeln – und genau das geschieht. Es gibt aber auch die andere Sichtweise, nach der sich in einer Kette von Ereignissen nur ein einziges zufällig verändern muss, um ein Endergebnis ganz anderer Art hervorzubringen. Die experimentelle Evolutionsforschung schickt sich an, diese Frage zu überprüfen, indem sie ein Gedankenexperiment des berühmten Evolutionsbiologen Stephen Jay Gould in die Praxis überführt: Sie lässt das Band des Lebens mit denselben Anfangsbedingungen immer wieder ablaufen, um zu sehen, ob es immer wieder zu demselben Ende kommt. Tatsächlich bevorzugt die Natur die optimale Lösung und in manchen Fällen gibt es nur eine biologische Lösung für ein Problem. Insofern wiederholt sich Evolution, aber oft tut sie es auch nicht. Der Mensch verändert die Welt auf vielfache Weise. Er stellt Spezies vor unüberwindbare Voraussetzungen, dass sie schließlich aussterben. In anderen Fällen gelingt es ihnen, sich anzupassen. So können Pflanzen, die auf verseuchten Böden wachsen, eine Schwermetalltoleranz entwickeln. Ob und wie Pflanzen sich an eine Atmosphäre mit deutlich erhöhtem Kohlendioxidgehalt anpassen, versucht eine Feldstudie zu beantworten. Das heißt, Evolutionsexperimente können helfen, die Vorhersagefähigkeit für das, was eintritt, zu verbessern. Aber es ist wie beim Wetter: nicht immer stimmt die Prognose.